Vernissage vom KA2 Erasmus+-Projekt-Gelingensfaktoren in der Berufsbildung
Hypothesen für eine erfolgreiche Lehre – Die Partner des Projekts der «Gelingensfaktoren» luden am 8. August 2019 zur Präsentation ins Haus der Wirtschaft in Schaan.
Das duale Bildungssystem geniesse im Ausland einen ausgezeichneten Ruf. Deswegen liege es auf der Hand, dass sich die südlichen deutschsprachigen Regionen, in denen die Berufslehre beheimatet ist, zusammenschliessen, um ihre spezifischen Systeme zu vergleichen und dadurch zu verbessern. Jürgen Nigg lobt die Zusammenarbeit der Projektpartner und unterstreicht darüber hinaus die langjährige fruchtbare Partnerschaft zwischen Liechtenstein und der Schweiz: «Beispielsweise bietet uns die Schweiz Zugang zu deren Berufsschulen. Dafür sind wir dankbar». Nach Jürgen Niggs Eröffnungsrede folgen die einzelnen Vortragenden, die jeweils eine bis zwei Hypothesen und die Endresultate derselbigen vorstellen. Die sechs Hypothesen lassen sich in drei Zeitachsen gliedern: vor der Lehre, während der Lehre und nach der Lehre. Der erste Punkt involviert den Selektionsprozess der Ausbildungsbetriebe, beispielsweise durch Schnupperlehren und Vorstellungsgespräche. Um einen Lehrling zu finden, der auch ins Team passe, empfiehlt Tina Widmann, Geschäftsführerin der Chance Agentur in Salzburg, professionelle Hilfe durch eine Organisation in Anspruch zu nehmen. Auch für die weiteren Hypothesen legen die Experten den KMU nahe, den Arbeitsprozess – falls möglich – «outzusourcen». Remo Kluser, Leiter Berufsausbildung bei der Hilti AG, sagt: «Wenn ein Stuckateur, der jedes zweite Jahr einen Lehrling anstellt, selbst unter Druck steht, auf der Baustelle termingerecht fertig zu werden, und der Lehrling zusätzlich Probleme bereitet, macht es Sinn, einen externen Experten zur Vermittlung einzubeziehen.» Womit die nächste Hypothese angeschnitten ist, dass die Unterstützung in schulischen Belangen einerseits die Ausbildungsbereitschaft der KMU und andererseits die Erfolgschancen der Jugendlichen steigere. Die Situation nach der Lehre betrifft den Umstand, dass die Auftrittskompetenz und die kommunikativen Fähigkeiten den Erfolg bei der ersten Stellensuche ausmachen.
Georg Kaufmann, der als Landtagsabgeordneter und Berufsberater unter den Gästen anwesend war, äusserte sich auf Anfrage: «Beim 5. Punkt habe ich gestutzt. Dies wird bereits von den Lehrstellenbewerbern verlangt, nicht erst danach. Vor allem tritt man Jugendlichen mit hohen Anforderungen entgegen. Das Vorstellungsgespräch sowie das Motivationsschreiben müssen perfekt sein, obwohl man genau Personen in diesem Alter Fehler verzeihen dürfte.» Ansonsten könne er die Hypothesen aus seiner Praxiserfahrung bestätigen.
Damit die Ergebnisse des Projekts implementiert werden können, müssen die Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. «Wir haben eine Internetseite geschaffen. Das ist für so ein Projekt essenziell, damit es nicht zum Datenfriedhof verkommt», so Remo Kluser. Er fährt weiter fort, dass durch diese Plattform die Möglichkeit für andere gegeben ist, voneinander zu lernen. «Wenn ein Münchner beispielsweise die unterschiedlichen Handlungsansätze der vier Länder betrachtet, kann er sich daraufhin entscheiden, welcher für ihn Sinn macht. Ich persönlich habe mich auch von den Lösungsansätzen anderer Länder inspirieren lassen.»
Quelle: Liechtensteiner Vaterland | Freitag, 9. August 2019 | Damian Becker